Das eine ist, wie Menschen sich gegenseitig behandeln – das andere ist die entmenschlichende Bürokratie. Offizieller Briefverkehr ist eine sehr binäre Angelegenheit, auch wenn Deutschland jetzt das dritte Geschlecht offiziell anerkennt. Das heißt man kann nach §22 PStG statt einem männlichen oder weiblichen einen diversen Geschlechtseintrag, oder auch gar kein Geschlecht in Geburtsurkunde, Reisepass, etc. eintragen lassen.
Diese Umstellung ist für Behörden gar nicht so einfach. Die erste Frage ist oft: „wenn sie kein*e Herr/Frau Nachname sind, wie nenne ich sie jetzt dann?“ Eine schöne Idee ist „Sehr geehrtes D Nachname,“ das zum Beispiel von manchen Corona-Testzentren verwendet wird. Das kann man an dieser Stelle gut vorschlagen.
Es gibt teure Wege und etwas günstigere Tricks, um seinen Namen und Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Zum Beispiel gibt es den Weg über §45b PStG – am besten werft ihr dafür einen Blick auf https://web.archive.org/web/20210510201446/https://www.bundesverband-trans.de/unsere-arbeit/dritter-geschlechtseintrag/.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Zines ist die Gesetzeslage heftig umstritten; die Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde gegen die Diskriminierung von nichtbinären Menschen steht gerade noch aus, und vor kurzem abgelehnte Gesetzesentwürfe der Grünen und der FDP könnten bei der nächsten Bundestagswahl eine Mehrheit erhalten. Bald könnte es besser aussehen.
Aber vielleicht ist es auch besser, sich keine Illusionen darüber zu machen, dass die Bürokratie eins als Mensch ernst nimmt. Im alltäglichen Kampf mit Jobcenter, Krankenkassen, Gerichten, BaFöG-Amt, Standesamt, und den Kategorien, die sie uns aufdrücken, ist es sinnvoll, eine Rolle zu spielen – und sich klar davon abzugrenzen, wie man außerhalb dieses Kampfes mit Menschen umgehen will. Einen falschen Namen und ein falsches Geschlecht zu verwenden, wenn man sich mit denen streitet, kann ein Umgang damit sein.