Melancholisch sitze ich völlig übermüdet, halb verkatert im Schnellzug der mehr abendliche Stille als Passagiere transportiert. Aus den Kopfhörern, Arlo Guthrie, Good Morning america How are you, denn wenn Country Musiker*innen eins können, dann wunderschöne Lieder über das Gefühl einer angenehmen Haltlosigkeit während des Reisen durch endlose Gefilde zu schreiben. Das brüchige Gefühl, des Dazwischen in meinem Leben ist wie in diesen Country songs, voller Heimweh und doch irgendwie froh weg zu sein. Denn ja ich finde die kleinen Einblicke in die Kleinstadt in der ich alte Bekannte, Freunde etc. besuche schön, diese Stadt ist meine Vergangenheit. In der Kneipe wird sogar noch geraucht, ich beobachte die Art der Leute zu reden und die fröhliche Ausgelassenheit ihrer Begegnung, wie sie über einem Bier die Großen und kleinen Dinge des Lebens bereden. Inklusive eines alten Skins, mit einem Pullover samt Gewerkschafts-aufdrucks eine gute Stammtisch Rede hält wie die Mittelschicht und der Kapitalismus alte Subkulturen kaputt macht. Ich nicke zustimmend oder werfe ein zufriedenes, Jawoll ein und trinke einen Schluck aus meinem Bier und lasse meine Flasche auf den vor lauter alter speckig glänzenden Massivholztisch knallen. Ein tiefes wohltönendes KLONK, das mein Jawoll sehr gut untermalt. Ich treffe viele Menschen von damals und auch neue Leute, mit denen ich ein kurzes oder langes Gespräch führe. Aber ich bin froh das zwischen dem damals und heute, so viele Jahre liegen. Jahre der Veränderung, die Kleinstadt und ihre Leute haben sich verändert und ich auch.
Damals gab es nicht mal Platz für Feminismus, also wie sollte ich damals wissen das ich Queer bin und nicht einfach nur ein Bündel an zu viel, drahtig, Laut und alkoholisiert, Short Tempered…..
Eine Leerstelle meiner Identität welche ich versuchte zu füllen, aber für die es dort keinen Entwurf gab keinen Orientierungspunkt, keine Rolemodels. Nur die erdrückende Enge der damals noch stärker vorherrschenden patriachalen Strukturen. Das ist das was mich stark mitgeprägt hat.
Eine white Workingclass culture mit viel Patriarchat. Aber es war auch wild und schön, besoffen mit dem Luftgewehr auf Dosen schiessen, Montag Morgens um 11 im Planschbecken Cocktails saufen,
Aber zum Glück hat sich viel geändert, denn romantisieren sollte man das Leben dort auf keinen Falls. Die feministische Selbstorganisation ist sehr beeindruckend, denn sie wurde direkt von den dort Lebenden Frauen initialisiert und deswegen geht es auch um die dortige Lebensrealität und die Lösung der dort Vorherrschenden Probleme. Inklusive Frauenstreik.
Das ist das dazwischen, denn die Großstadt und ihre Kultur ist augenscheinlich Sozial Freier aber auch Mittelschichtsgeprägt. Während in der Kleinstadt, nicht akademische Arbeit kulturell ihren Festen Platz hat, ist die (queere) Working class Kultur in der Stadt sehr versteckt. In der Kleinstadt, gibt es kein Queeres Leben und fühle mich doch trotz dem heimeligen Gefühl doch sehr als Fremder Gast. Irgendwie habe ich ständig das Gefühl deplaziert zu sein.
Deswegen hat meine Identitätsfindung auch viel Länger gedauert, denn ich glaube dort wo nichtbinäre Menschen akademischen Zugang haben ist es leichter ein Namen für das anders zu finden das diesen weissen Fleck im inneren selbstbild ist. Aber jetzt wo ich es schaffe die innere Identät passend zusammenzusetzen werde ich innerlich ruhiger, auch wenn ich eine Zwiebel bin die sich aus sich selbst herausschält und nicht weiss was darunter liegt.
Queer und Working Class Worte die einen festen Platz in meinem selbstbild, wodurch dir inneren Identitätskonflikte in die mich mein Umfeld teilweise zwingt damit leichter zu tragen sind. Geprägt von einem Heimwerkenden Stiefvater, Strassenpunks und einer Kleinstadt, habe ich mich aus mir selbst herausgeschält und mich selbst als Queere Person wiedergefunden und ich habe Freunde und Bekannte Gefunden die so ähnlich sind wie ich. Queere Menschen die einen ähnlichen Hintergrund haben wie ich. Dort fühle ich mich sicherer und bin kein Canarienvogel mehr. Der Kontakt mit ähnlich geprägten Menschen gibt mir die dringend benötigten Anhaltspunkte, Vorbilder für Lebensentwürfe ohne mir Schräg vorzukommen. Mit jedem Jahr werde ich mehr ich und diesen Sommer werde ich meine Haare kürzer Schneiden lassen in meinem üblichen Silberketchen Top Kombi Bier trinken und von Einfacheren Zeiten träumen als das Leben weniger kompliziert war und nicht mehr versuchen mich dem vorherrschenden akademischen verhalten anzupassen